Flexibel, skalierbar, zukunftssicher: Composable Commerce im Fokus

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Tiffany Wiener

20 / 09 / 24·8 Min read

E-Commerce

Experteninterview mit Lars Bankert und Gerd Laski

Unternehmen im E-Commerce stehen unter zunehmendem Druck, nicht nur Schritt zu halten, sondern sich vom Wettbewerb abzuheben und schnell auf Marktveränderungen zu reagieren. Klassische Geschäftsmodelle stoßen oft an ihre Grenzen, wenn es darum geht, den dynamischen Anforderungen der Märkte gerecht zu werden und Kund:innen entlang der gesamten Customer Journey individuelle, personalisierte Einkaufserlebnisse zu bieten. Hier rückt das Konzept des Composable Commerce immer stärker in den Fokus, das als vielversprechende Lösung gilt.

Lars Bankert, Senior Manager und Head of Business Unit PIM & DAM bei Vanilla Reply, einem auf Web-Anwendungen und E-Commerce spezialisierten Unternehmen, sowie Gerd Laski, Director Partner & Alliances bei eggheads, geben in diesem Interview einen Einblick in das Konzept. Sie teilen wertvolle Tipps und zeigen, warum Composable Commerce für Unternehmen unverzichtbar ist.

 

Was ist Composable Commerce und warum ist es ein wichtiges Thema in der heutigen E-Commerce-Landschaft?

Lars Bankert: Composable Commerce ist ein Ansatz, bei dem Unternehmen ihre E-Commerce-Plattform aus verschiedenen, speziell dafür entwickelten Softwarekomponenten zusammenstellen können. Diese modularen Softwarekomponenten ermöglichen es Unternehmen, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren und ihre Systeme flexibel anzupassen und zusammenzusetzen. In der heutigen digitalen Landschaft, wo sich die Anforderungen der Kund:innen ständig ändern, bietet Composable Commerce die notwendige Agilität und Anpassungsfähigkeit, um die Product Experience zu optimieren und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Gerd Laski: Als Anbieter der PIM-Lösung ATAMYA Product Cloud, die auf dem MACH-Architekturansatz basiert, unterstützen wir den Composable-Commerce-Ansatz. Eine gängige E-Commerce-Infrastruktur umfasst neben dem PIM-System auch andere wichtige Softwarekomponenten wie Online-Shops, Zahlungsabwicklung oder Marktplätze. Unternehmen können Technologien auswählen und zusammenstellen, die am besten zu den Bedürfnissen passen, um ihre Ziele zu erreichen. Dieser sogenannte Best-of-Breed-Ansatz, oder auch als Freedom of Choice bekannt, ist entscheidend, um als E-Commerce-Unternehmen skalierbar, wartbar und ohne Betriebsunterbrechungen erfolgreich zu sein. Die zukünftigen Anforderungen an ein E-Commerce-Ökosystem sind oft noch nicht bekannt, da es sehr schnell neue Markttrends gibt, die dann unkompliziert eingebunden und unterstützt werden müssen.

 

Was ist der Unterschied zwischen Composable Commerce und Headless Commerce?

Gerd Laski: Mit Headless ist die Unabhängigkeit von Frontend und Backend gemeint. Das bedeutet dabei, dass das System ohne ein fest integriertes Frontend auskommt und die beiden Softwarekomponenten Frontend und Backend voneinander getrennt werden. Dies ermöglicht es, verschiedene Frontend-Technologien über APIs mit dem E-Commerce-System zu verbinden, ohne dass Änderungen im Frontend das Backend beeinflussen. Dieser Ansatz bietet Unternehmen maximale Flexibilität bei der Gestaltung ihrer E-Commerce-Plattform.

Composable Commerce baut auf dem Konzept des Headless Commerce auf, geht aber dank des Einsatzes von Microservices noch einen entscheidenden Schritt weiter. Microservices sind unabhängige, eigenständige Einheiten, die separat entwickelt und angepasst werden können. Dies ermöglicht eine umfassendere Modularität und Anpassungsfähigkeit im gesamten E-Commerce-Ökosystem, nicht nur im Frontend.

 

Welche Rolle haben APIs und Microservices im Composable Commerce?

Lars Bankert: APIs und Microservices sind zentrale Bausteine im Composable Commerce. APIs sorgen für die nahtlose Kommunikation zwischen den verschiedenen modularen Softwarekomponenten, während wie bereits oben erwähnt Microservices die Funktionalitäten in kleinere, unabhängig verwaltbare Einheiten aufteilen. Diese Struktur erleichtert die Integration neuer Technologien und Funktionen. Der API-first-Ansatz stellt sicher, dass jede Komponente leicht zugänglich ist und reibungslos mit den anderen Softwarekomponenten der Systemlandschaft kommunizieren kann. Erst durch den Einsatz dieser Technologien kann die flexible Komposition der Systemlandschaft eines Unternehmens tatsächlich realisiert werden.

 

Was sind die Vorteile von Composable Commerce für Unternehmen?

Lars Bankert: Composable Commerce bietet zahlreiche Vorteile, darunter hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit durch die Kombination von Best-of-Breed-Lösungen. Dank der modularen Struktur lassen sich neue Technologien und Funktionen schnell integrieren und bestehende Softwarekomponenten bei Bedarf austauschen. Dies verkürzt die Time-to-Market, verbessert die Customer Experience und steigert die Kundenzufriedenheit und -bindung.

Moderne Technologien wie APIs und Microservices sorgen für Zukunftssicherheit und erleichtern kontinuierliche Innovationen. Zudem verbessert Composable Commerce die operative Effizienz und ermöglicht eine schnellere Reaktionsfähigkeit auf Marktveränderungen im schnelllebigen digitalen Umfeld.

 

Was sind die Herausforderungen bei der Umsetzung?

Lars Bankert: Eine der größten Herausforderungen ist die Integration der verschiedenen Softwarekomponenten, insbesondere wenn sie von unterschiedlichen Anbietern stammen. Dies erfordert ein fundiertes Verständnis der API- Ansätze und eine robuste Middleware als Integrationsschicht. Darüber hinaus müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre Teams über die notwendigen Fähigkeiten und das Wissen verfügen, um diese komplexen Systeme zu verwalten und zu optimieren – oder Dienstleister mit der passenden Expertise in das Team zu integrieren. Im Rahmen einer verlässlichen Beratung werden genau diese Punkte adressiert und gemeinsam mit den Unternehmen Lösungsstrategien erarbeitet.

 

Was hat ein PIM mit Composable Commerce zu tun und wie lässt es sich in dieser Umgebung integrieren?

Gerd Laski: Ein PIM-System ist ein zentraler Baustein im Rückgrat einer „Composable E-Commerce“-Architektur. Es empfängt je nach Architekturansatz die Produktdaten aus dem ERP-System und fungiert als zentrale „Single Source of Truth“. Das bedeutet, dass alle Produktdaten hier zentral verwaltet und gepflegt werden.

Je nach Handelsstufe können Produktdaten wie Texte, Bilder, Videos und Zeichnungen vom Lieferanten in das PIM-System eingespielt und anschließend gemäß den Anforderungen ergänzt oder weiter angereichert werden. Moderne PIM-Systeme bieten darüber hinaus Funktionen wie die automatische Übersetzung in verschiedene Sprachen, die Erstellung zielgruppenspezifischer Produkttexte sowie die Kontextualisierung dieser Inhalte. Das PIM-System unterstützt auch die interne Verwaltung von Produktdaten, einschließlich der Bereitstellung von Informationen für den Helpdesk. Neue Anforderungen, wie das Lieferkettengesetz oder der digitale Produktpass, können ebenfalls im PIM-System verwaltet werden, um sicherzustellen, dass gesetzliche Vorgaben erfüllt werden.

Auch die Partner und Kunden des Unternehmens sind auf umfassende Produktinformationen angewiesen, um ihr Business effektiv zu unterstützen. Deshalb ist es entscheidend, dass diese Informationen für die verschiedenen Formate zur Verfügung stehen. Dazu gehören Druckerzeugnisse wie Datenblätter und Kataloge, elektronische Kataloge wie BMEcat und ETIM sowie die Verteilung der Daten über verschiedene Kanäle wie den eigenen Onlineshop oder Marktplätze. Diese Vielseitigkeit in der Bereitstellung ist unerlässlich, um den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden. Die richtigen Daten sollten im passenden Format zur richtigen Zeit am richtigen Ort bereitgestellt werden – und das mit minimalem manuellem Aufwand und höchster Geschwindigkeit. Composable bedeutet in diesem Kontext: Egal was benötigt wird – das digitale Zielsystem erhält genau die Informationen, die das Business perfekt zu unterstützen. Gute PIM-Systeme können über APIs nahtlos in eine Composable-Commerce-Architektur integriert werden, was die Verwaltung und Verteilung von Produktinformationen vereinfacht.

 

Welche Tipps kannst du den Unternehmen zur Implementierung von Composable Commerce geben?

Lars Bankert: Bei der Implementierung von Composable Commerce sollten Unternehmen zunächst eine klare E-Commerce-Strategie entwickeln, die ihre Geschäftsziele und Anforderungen definiert. Es ist wichtig, mit kleinen modularen Schritten zu beginnen und nach und nach weitere Softwarekomponenten hinzuzufügen. Unternehmen sollten dabei auf Best-of-Breed-Ansätze setzen und sorgfältig die richtigen Partner und Technologien auswählen. Die Schulung der Mitarbeitenden und die Schaffung eines robusten API-Management-Frameworks sind ebenfalls entscheidend für den Erfolg. Ganz offensichtlich bietet dieses Vorgehen somit die Möglichkeit, in risikoarmen und beherrschbaren Schritten bereits kurzfristig Erfolge im Sinne der Unternehmensziele zu generieren.

 

Wie siehst du die Zukunft von Composable Commerce?

Lars Bankert: Die Zukunft von Composable Commerce ist vielversprechend. Mit der fortschreitenden digitalen Transformation und dem wachsenden Bedarf an Flexibilität und Agilität werden immer mehr Unternehmen diesen Ansatz übernehmen. Die Weiterentwicklung von Technologien wie APIs, Microservices und cloud-native Architekturen wird die Implementierung und Verwaltung von Composable Commerce weiter erleichtern. Langfristig werden Unternehmen in der Lage sein, ihre E-Commerce-Systeme noch stärker zu individualisieren und schneller auf Marktveränderungen zu reagieren. Der Vorteil dieses Ansatzes liegt darin, dass selbst bei einem hohen Grad an Individualisierung weiterhin auf Standardmodule wie E-Commerce, PIM oder Personalisierung für jede Phase der Customer Journey zurückgegriffen werden kann.

Gerd Laski: Composable Commerce ist bereits heute eine gängige Architektur im Onlinehandel. Die monolithischen Systeme werden nach und nach vom Markt verschwinden. Selbst die klassischen Suite-Hersteller entwickeln sich zu offenen Systemen. Ein klarer Trend zeigt, dass cloud-native Microservice-Produkte im Vergleich zu On-Premise-Lösungen zunehmend an Bedeutung gewinnen.

 

Fazit

Das Interview mit Lars Bankert und Gerd Laski verdeutlicht, dass Composable Commerce die Zukunft des E-Commerce maßgeblich beeinflusst. Für Unternehmen bietet dieser Ansatz die Flexibilität, ihre E-Commerce-Plattformen schnell an sich verändernde Marktbedingungen anzupassen. Durch die Nutzung moderner Softwarearchitekturen wie APIs und Microservices schafft Composable Commerce eine reibungslose Kommunikation zwischen verschiedenen Systemen und eine einfache Integration neuer Technologien.

Die nahtlose Integration von MACH-PIM-Systemen im Composable Commerce ermöglicht es, Produktdaten flexibel und effizient über diverse Vertriebskanäle wie Online-Shops, Marktplätze und gedruckte Kataloge hinweg zu verbreiten. Dies verbessert die operative Effizienz, verkürzt die Time-to-Market und trägt zu einer herausragenden Customer Experience bei.

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Autor: Tiffany Wiener

Event & Content Managerin, eggheads